G088 und G089

Wolfgang Amadeus Mozart: Requiem KV 626. Zeitgenössische Bearbeitung für Streichquartett [...]

Peter Lichtenthal, gebürtig aus der vormals ungarischen Hauptstadt Pressburg/Bratislava, erhielt früh praktischen Musikunterricht und ließ sich nach dem Medizinstudium in Wien schließlich 1810 in Mailand nieder. Neben seiner ärztlichen Tätigkeit betätigte er sich als Musikschriftsteller, so als Korrespondent für die "Allgemeine Musikalische Zeitung" in Leipzig und als Verfasser der ersten Musikenzyklopädie in italienischer Sprache, aber auch als Komponist und Bearbeiter fremder Werke. Er war mit den bedeutendsten italienischen Opernkomponisten seiner Zeit bekannt sowie mit den beiden Söhnen von Mozart befreundet. Gegenüber der Oper war in Italien um 1800 die größer besetzte Instrumentalmusik von jenseits der Alpen kaum bekannt und wurde lediglich in kleineren Liebhaberzirkeln gepflegt. Lichtenthal verehrte Mozart und wollte dessen Werke dem bürgerlichen Musikgeschmack in Italien in Bearbeitungen bekannt und zugänglich machen. Seine Versionen von Werken Mozarts für verschiedene Besetzungen wurden meist gedruckt, während das Requiem in der Fassung für Streichquartett als Manuskript Lichtenthals erhalten ist. Auf der Basis des Erstdrucks des Requiems von 1800 mit den Ergänzungen von Süßmayr behielt Lichtenthal die Satzeinteilung, Artikulation und Dynamik mit geringfügigen Streichungen bei und wählte die musikalisch führenden Gesangs- und Instrumentalstimmen aus. Der vorliegende Erstdruck wird durch ein kurzes Vorwort mit einem Foto von Lichtenthals Autograph eingeleitet, der Notentext ist übersichtlich gestaltet mit klarem und deutlichem Satzbild, auf ein Minimum reduzierte editorische Abweichungen und Ergänzungen sind als solche gekennzeichnet. Aufgrund ihrer anspruchsvollen Qualität ist diese Bearbeitung nicht nur ein rezeptionsgeschichtlich interessantes Dokument wie etwa die Harmoniemusiken des böhmisch-österreichischen Kulturraumes, sondern ermöglicht aufgrund der Reduktion und Konzentration auf die Substanz einen Zugang zu Mozarts letztem Werk auch für Instrumentalisten. Gerade heute wieder ist dieser Ausgabe eine weite Verbreitung zu wünschen. Bisher hat es das Kuijken Kvartet auf Challenge CC721121 (SACD) eingespielt.

Armin Schmid
Toccata - Alte Musik aktuell Nr. 26 (November-Dezember 2006)