G075

Johan Schenck: Scherz musicali für Viola da Gamba und Basso continuo, op.6.
G075: Suiten VIII und IX. Partitur und 3 Stimmen, € 19,-

Rechtzeitig zur Ausschreibung des 3. Internationalen Viola da Gamba-Wettbewerbs Bach-Abel 2006 in Köthen/Anhalt vom 23.-29. Oktober 2006 erschienen bei der Edition Güntersberg die Suiten VIII und IX aus op. 6, den "Scherzi Muzicali per la Viola di Gamba con Basso continuo ad libitum" (so der Originaltitel) von Johan Schenck. In der ersten Runde sind die Nummern 66 und 70 der IX. Suite Bestandteil des Wettbewerbsprogramms.

Mir ist, abgesehen von der Neuausgabe von H. Leichtentritt bei Breitkopf & Härtel, Leipzig 1906(!) keine weitere bekannt, obwohl die Scherzi musicali Johan Schencks erfolgreichste Veröffentlichung zu seinen Lebzeiten waren.

Die Edition Güntersberg stellt mit Ihren Neuausgaben für uns, die wir stets auf der Suche nach besonderer Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts für Konzert und Unterricht sind, eine große Bereicherung dar. In den Reigen dieser Veröffentlichungen gesellen sich nun die Scherzi musicali als Gesamtausgabe in 7 Einzelheften. Begonnen wurde mit den Suiten VIII und IX, die anderen folgen in einem bereits festgelegten Turnus. Natürlich ist es möglich, dieses Werk aus einem Reprint... des sehr gut lesbaren Originaldruckes (erschienen um 1698 bei E. Roger, Amsterdam) zu musizieren. Leichter zugänglich sowohl den Erwerb als auch die Ausführung betreffend bietet sich jedoch nunmehr diese sehr sorgfältig und umsichtig gestaltete Neuausgabe von Leonore und Günter von Zadow an. Sie besteht aus der "Hauptstimme" Viola da gamba und beziffertem Bass, einer reinen Solostimme, einer reinen Continuostimme mit Bezifferung und einer von Dankwart von Zadow besorgten Aussetzung der B.c.-Stimme mit darüber gesetzter Sologambe. Eine instruktive Einführung von Johannes Boer und wichtige Hinweise der Editoren zur Ausgabe in deutscher und englischer Sprache runden diese gelungene Neuerscheinung ab.

Gambisten und Continuospieler finden in dieser Ausgabe jeweils ihre passende Stimme. Ein hinzugefügter Reprint des Originaldruckes würde wahrscheinlich den editorischen und finaziellen Rahmen sprengen - wäre aber der entscheidende Schritt zur "Traumausgabe".

In vorliegendem neugedruckten Text sind alle Korrekturen offensichtlicher Irrtümer und logische Ergänzungen deutlich erkennbar. Die Balkensetzung wurde treulich beibehalten, die Akzidentien wurden (mit kleinen gekennzeichneten Korrekturen) dem Erstdruck entsprechend - also in historischer Manier - gesetzt. In der "Schlüsselfrage" bin ich - anders als die Editoren - für die Beibehaltung der ursprünglich verwendeten Schlüssel, da sie meist einen Einblick in die musikalische Struktur bieten, obendrein unserem Geist ein willkommenes Training bedeuten. [Anmerkung Edition Güntersberg: Dies bezieht sich in der Gambenstimme auf den Sopranschlüssel, den wir durch den Altschlüssel ersetzt haben, und in der Bassstimme auf den Altschlüssel, den wir durch den Bassschlüssel ersetzt haben. Beides kommt sehr selten vor.]

Über die Aussetzung des Continuoparts lässt sich immer streiten. Die schriftliche Fixierung einer Improvisation stellt stets einen Widerspruch in sich dar. Für Continuospieler, die sich in diese hohe Kunst einarbeiten wollen, wäre zunächst eine Beschränkung auf die Darstellung des harmonischen Geschehens der sicherste Weg zur Freiheit. Terzverdoppelungen mit der Sologambe können aus klanglichen und intonatorischen Gründen gelegentlich störend wirken.

Die Musik ist lebendig und der Viola da Gamba auf den Leib geschrieben. Als "Einstieg" können sich weniger trainierte Spieler einigen Tanzsätzen widmen. Bei Kenntnis der für das Gambaspiel typischen Applikaturen lässt sich alles sehr gut spielen.

Ich freue mich über dieses und auf die folgenden Hefte und bin mir sicher, dass es allen Interessenten ebenso gehen wird!

Schade nur, dass das in der MGG von Karl Heinz Pauls vermutete Geburtsjahr 1656 nicht verwendbar ist - sonst könnten wir 2006 nicht nur ein Mozart-, sondern auch ein Schenck-Jahr zelebrieren.

Siegfried Pank, Viola da gamba Mitteilungen Nr. 60 (Dezember 2005)